Wer erfand Kobyz

Monument für Erfinder des Instruments „Kobyz“ nahe dem Aralsee. Gestartet von Kysylorda aus in Richtung Aralsee taucht nach zwei bis drei Stunden Fahrtzeit über eine staubige einsame Piste mitten in der Steppe wie eine Fata Morgana plötzlich ein orientalisch anmutendes Bauwerk auf. Das Tor zwischen weiß getünchten Außenmauern trägt in seiner Mitte ein Klangspiel, dessen Fransen metallische Töne in die Halbwüste tragen.

Kreisrunde Plätze erschließen sich auf abgestuften Ebenen

Ein aus Steinblumen gepflasterter Weg führt zu einer grün gestrichenen Treppe mit roten Streifen links und rechts. Diese Treppe hinauf gegangen, eröffnet sich ein erster kleinerer runder Platz mit flachen Mauern. In der Mitte steht ein überlebensgroßer Widder auf einem gefliesten Sockel. Die Tiergestalt ist wie die Säume der Mauern über und über mit Mosaiksteinchen verziert. Von hier aus führt eine weitere Treppe noch weiter hinauf. Oben angelangt, tut sich ein mindestens dreimal so großer und wieder kreisrunder Platz auf. In seiner Mitte befindet sich eine zum Trichter geformte Treppe in rosa mit Innen- und Außenrändern in hellblau.

Am gegenüberliegenden Ende des Kreises sind Bauwerke zu sehen, zuerst geht es zum rechts liegenden. Vier oder fünf Stufen führen hinab. Geradezu geht es nun durch eine Öffnung in einen sehr kleinen Raum mit weißen Wänden und Mosaikboden. Um den Rundbau führt ein Weg. Auf der linken Seite eingebogen, wird der Gang immer enger und enger. Wer korpulent gebaut ist, müsste wohl umkehren.

Die Kobyz als Bauwerk nachempfunden

Der andere Bau aus vier ausgehöhlten Pfeilern, die sich oben wie Blütenblätter geformt zu einer Krone berühren, beherbergt eine Art Orgel aus ganzen vierzig Metallröhren an der Decke. Die Innenseiten der Stelen sind mit Ornamenten verziert, die an die kosmologischen Ideen der Nomadenvölker angelehnt sind. Jedes Kronenblatt ist nach einer Windrichtung ausgerichtet und hat in der Mitte eine Öffnung, welche jeweils zu einer acht Meter hohen Stahlbeton-Halbröhre gehört. Bei Luftzirkulation durch diese Konstruktion erklingen dumpfe und hohe pfeifende bis klagende Töne zu einem beinahe Konzert. Beides, der Aufbau und die Musik erinnern an die Kobyz. Zuweilen sollen die Klänge weit hörbar sein. Ein Blick zurück, lässt sich in der Ferne der Syrdarja-Fluss inmitten karg bewachsenen Sandes erkennen, während im Rücken ein Güterzug durch die schier endlose Steppe fegt.

Wieder zurück am Eingangsbereich, lüftet sich das Geheimnis um den beeindruckenden Denkmalkomplex. Linker Hand in dem flachen Bau ist ein Museum eingerichtet worden. Es erzählt von dem Musiker und Erfinder der Kobyz, einem Instrument, dass als Vorgänger der Geige beschrieben wird. Der legendäre Mann mit Namen Khorkhyt war auch Philosoph und Erzähler. Unter den Turkvölkern ist er noch heute als solcher sehr berühmt.

Die Legende um den Kobyz-Erfinder Khorkhyt

Erbaut wurde das Monument erst in den 1980er Jahren nach Entwürfen des Architekten Bek Ibrajev und des Physikers S. Isatajev. Dieser Ort wurde ausgewählt, weil hier bis 1950 ein Mausoleum für Khorkhyt gestanden haben soll. Um den Erfinder der Kobyz windet sich eine Legende, die erzählt, dass dem im 9. Jahrhundert in einem Aul am Syrdarja Geborenen als junger Mann im Traum Gestalten erschienen waren. Sie sagten ihm noch zwanzig Lebensjahre voraus. Khorkhyt machte sich daraufhin auf, um die Unsterblichkeit zu suchen. Mit seinem Kamel zog er in allen vier Himmelsrichtungen umher, und erzählte Geschichten, aber traf dabei überall auf den Tod. Da kehrte er wieder nach Hause zurück. Sein Kamel Zhelmaja opferte er. Mit dem Leder des Kamels bezog er das Instrument, das er gerade baute – die Kobyz. Khorkhyt strich auf ihr, die aus der Haut seines geliebten Kamels bestand, seltsam magische Klänge. So saß er tagelang am Syrdarja und spielte. Einmal schlief er am Ufer ein. Eine giftige Schlange biss ihn, so dass auch er dem Tod schließlich nicht entgehen konnte. Seine Kobyz lag noch lange an jener Stelle, an der er zuletzt mit ihr Musik gemacht hatte, und lies sich nun vom Wind dirigieren, der ihr seichte Töne entlockte. Die Musik überdauert seit jeher den Tod.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert