Geschichte der Medizin – Antike bis Neuzeit

Viersäftemodell hielt sich über 1.000 Jahre. Die alten Griechen, namentlich jener Hippokrates, auf den der gleichnamige Eid zurückgeht, waren die ersten, die sich wissenschaftlich mit Medizin auseinandersetzten.

Das älteste schriftliche medizinische Dokument ist der Papyrus Ebers aus dem antiken Ägypten. Er datiert aus dem 16. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung und enthält eine Reihe von Krankheitsbeschreibungen sowie Vorschlägen zu ihrer Heilung. Erste schriftliche Zeugnisse einer „rationalen“ Medizin dagegen finden sich erst im 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Eine erste Systematisierung und der Beginn der Medizin als Wissenschaft wird auf zwei große Denker der Antike zurückgeführt.

Humoralpathologie als Grundlage der Medizin bis ins 19. Jahrhundert

Hippokrates von Kos war einer der Gründervater der sogenannten rationalen Medizin. Er erarbeitete vor allem durch Beobachtung die Grundlagen der Humoralpathologie, also das, was heute noch als „Säftelehre“ bekannt ist. Sein Nachfolger, Galenus von Pergamon war Römer. Er wurde um 129 unserer Zeitrechnung geboren und war Leibarzt des römischen Kaisers Marc Aurel. Galen schließlich war es, der der Säftelehre ihre endgültige Gestalt gab. Sie blieb die Grundlage der Medizin bis weit ins 19. Jahrhundert.

Säfte des Menschen im Ungleichgewicht

Vier Säfte ortete Galen im menschlichen Körper:

  • Blut – Sanguiniker (heiterer Mensch)
  • Gelbe Galle – Choleriker (aufbrausender Mensch)
  • Schwarze Galle – Melancholiker (in sich gekehrter Mensch)
  • Schleim – Phlegmatiker (sehr ruhiger Mensch)

War einer der Säfte im Ungleichgewicht, galt der Mensch als krank und musste behandelt werden, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Der Aderlass ist dafür ein gutes Beispiel: War jemand cholerisch, hochrot im Gesicht und vielleicht noch übergewichtig, so wurde im Blut abgezapft, weil dieser Patient zu viel davon hatte – laut Säftelehre.

Den Patienten beobachten als Grundlage

Die Medizin der Antike lebte von der Beobachtung des Patienten. Wie sieht er aus? Was tut ihm weh? Was scheidet er aus? Die ersten schriftlichen Zeugnisse zur Säftelehre fanden Historiker im Corpus Hippokratikum, einer Textsammlung, die dem bereits erwähnten Hippokrates von Kos zugeschrieben wurde und Galenus von Pergamon zur Weiterentwicklung seiner Säftelehre diente.

Neubewertung des hippokratisch-galenischen Modells im 12. Jahrhundert

Von der Antike bis ins Hochmittelalter des 12. Jahrhunderts blieb die Humoralpathologie von Galen die wichtigste Grundlage der Medizin. Entwicklungen und Erkenntnisse, die bis zum 12. Jahrhundert erarbeitet wurden, schrieben das Säftemodell fort, verließen es aber nicht. Erst im 12. Jahrhundert sollte eine Neubewertung des hippokratisch-galenischen Modells beginnen.

Kirche schafft Lehrkanon

Die Kirche begann im 12. Jahrhundert, ihre Position als Wissensvermittlerin sehr stark auszubauen. In ganz Europa wurden zu dieser Zeit zudem Universitäten gegründet. Großer Wert wurde von den Lehrenden, das waren sehr häufig Kirchenmänner, auf einen einheitlichen Lehrkanon gelegt. Damit sollten sogenannte Irrlehren aus der universitären Ausbildung ausgeschlossen werden. Die Schriften von Hippokrates und Galen wurden im 12. Jahrhundert einer Neubewertung unterzogen und als Basis des Ausbildungskanons für die Medizin verwendet.

Wenig Fortschritt bis zum Beginn der Renaissance

Die Kirche war – was die Wissenschaften angeht – schon im Mittelalter nichts weniger als progressiv. Was vorhanden war, durfte bearbeitet und angewendet werden, nur umgestürzt und durch neue Erkenntnisse ersetzt werden, durfte es nicht. Ein Beispiel dafür ist das Verbot von Leichenöffnungen zu Forschungszwecken in dieser Zeit. Erst mit dem Beginn der Renaissance begann sich ein neuer Forschergeist zu entwickeln. Die antiken Texte wurden entstaubt, neu bewertet, erstmals auch kritisiert und neue Erkenntnisse belebten die Medizin.

Das Säftemodell hat tiefe Spuren hinterlassen

Das Säftemodell, das auf den Texten von Hippokrates von Kos und Galenus von Pergamon fußte, hinterließ bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts seine Spuren in der Medizin. Erst dann begann das, was heute als „moderne Medizin“ bezeichnet wird.

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