Wer erfand das Kegeln – wer hat Bowling erfunden

Kegeln - Bowling

Präzisionssport, Freizeitspiel und bahnbrechende Gelegenheit, Haus und Hof zu verwetten: Das Umlegen von Kegeln oder Pins mittels Kugeln hat lange Tradition. Vom Kegeln zum Bowling – Geschichten des großen Wurfes.

Wer hat das Bowling erfunden

Sobald die ersten Menschen aufrecht stehen konnten und somit die Hände frei hatten, um ballistisch optimierte Dinge auf Feinde, Jagdbeute oder andere Dinge zu werfen, taten sie es. Ebenfalls muss es in jener Frühzeit gewesen sein, dass der Spaß erfunden wurde – nämlich Dinge zu tun, die nicht nur direkt der Arterhaltung dienten (obwohl auch solche Notwendigkeiten Spaß machen konnten, wie eine lange Reihe von pikanten historischen Indizien belegt). Doch auch wenn die US-Amerikaner mit Fred Feuerstein das erste Bowling-Ass der Geschichte für sich beanspruchten, gehen die Ursprünge des Wurfspiels mit der Kugel und der zu sprengenden Phalanx von Holzkameraden auf weitaus ältere Kulturen zurück.

Kegeln: Vom Kinderspiel zum Geschicklichkeits-Training und Wettobjekt

Erste verbriefte Hinweise auf das mutwillige Umwerfen von Zielobjekten lieferten Ausgrabungen in Ägypten, bei denen nicht nur Wandmalereien von Keglerszenen entdeckt wurden, sondern auch eine Spielausstattung aus neun Kegeln und einigen Steinkugeln aus einem Kindergrab, welches auf einen Zeitraum um 5200 v.Chr datiert wurde. Polynesier und heutige Hawaiianer spielen nachgewiesenermaßen seit Jahrhunderten das Geschicklichkeitsspiel mit dem Namen Ulu Maika, bei dem eine dicke Steinscheibe gezielt über eine Spielbahn durch ein kleines Tor aus Stöckchen gerollt werden muss. Doch auch germanische Stämme sollen bei einem ähnlichen Training der Geschicklichkeit auf Knochen geworfen haben – ob es sich bei dem Wurfobjekt um die Schädel der besiegten Gegner handelte oder die besagten Knochen noch in den frischen Angreifern steckten, ist nicht nachgewiesen. Neuen Ernst zumindest bekam das allgegenwärtige Spiel in Europa durch das Wetten und zog sich so schnell den Unbill der Obrigkeiten und moralischen Instanzen zu – was aber Klöstermönche tatsächlich nicht davon abhielt, die Kegel als Dämonen und heidnische Götter zu deklarieren und ihre Standfestigkeit beim sogenannten Heidentöten zu versuchen.

Kegeln wird in Europa zur Volksbelustigung – und immer wieder verboten

Überall in Europa etablierte sich das Geschicklichkeitsspiel mit der Wurfkugel und den humanoid gestalteten Zielobjekten, und zwar mit vaariierender Zahl an Kegeln und Spielgeräten aus unterschiedlichstem Material. Gespielt wurde üblicherweise im Freien, und das nicht nur auf Volksfesten – denn schnell verliehen die mit dem Kegeln verbreiteten Wetteinsätze dem Freizeitvergnügen ein durchaus anrüchigen Ruf. Einen lebhaften Eindruck des Kegelns Mitte des 19. Jahrhunderts gibt Karl May, einst selbst als Kegeljunge für das Aufstellen der Kegel verantwortlich, in seiner Autobiographie »Mein Leben und Streben« von 1910:

„Der Haupttag aber war der Montag, denn dieser war der Tag des Wochenmarktes, an dem die Landbewohner zur Stadt kamen, um ihre Erzeugnisse zu bringen, ihre Einkäufe zu machen und – last not least – eine Partie Kegel zu schieben. Aus dieser einen aber wurden fünf, wurden zehn, wurden zwanzig, und es kam an diesen Montagen vor, dass ich mich von Mittags zwölf Uhr an bis nach Mitternacht zu schinden hatte, ohne auch nur fünf Minuten ausruhen zu können. Zur Stärkung bekam ich des Nachmittags und des Abends ein Butterbrot und ein Glas abgestandenes, zusammengegossenes Bier. Es kam auch vor, dass ein mitleidiger Kegler, welcher sah, dass ich kaum mehr konnte, mir ein Glas Schnaps herausbrachte, um meine Lebensgeister anzuregen. […] Ich bekam pro Stunde ein Fixum und ausserdem für jedes Honneur, welches geschoben wurde, einen festbestimmten Satz. Wurde nicht gespielt, sondern frei gewettet oder gar hasardiert, so bekam dieser Satz eine doppelte oder dreifache Höhe.“

Das Kegeln wandert in die USA aus und wird endgültig verboten

Mit den europäischen Auswanderern und ihren Bräuchen nahm auch das Kegeln den Weg über den Atlantik nach Amerika – Ausgrabungen in Kalifornien zufolge vielleicht schon durch die spanischstämmigen Einwanderer der Westküste, die neben dem Christentum auch gehaltvollere Dinge wie ein praktisches Verpflegungsrezept für den Kegelabend im Sinn und Gepäck hatten. In den USA zeigte sich ebenso die wilde Seite des Kegelns, das besonders durch deutsche und niederländische Einwanderer verbreitet wurde. Denn auch in der Neuen Welt wurde gekegelt, gewettet und betrogen was das Zeug hielt. Also wurde das Spiel, bei dem seit Beginn des 20. Jahrhunderts über eine Bahn aus Holzbrettern auf die neun Kegel geworfen wurde, 1870 ebenso wie andere ruhestörende Glücksspiele verboten. Doch die USA galten nicht umsonst als Land der unbegrenzten Möglichkeiten – inklusive der nämlich, das Verbot zu umgehen, indem man fortan auf zehn Pins genannte Zielkörper warf, die nun nicht mehr in Rautenform, sondern im Dreieck aufgestellt wurden. Und gegen das „neu geschaffene“ Bowling konnte doch wohl niemand etwas einwenden.

Bowling und Kegeln heute: Vom Volkssport auf Bundeskegelbahnen zur Subkultur?

Die amerikanische Erfindung der automatischen Pin-Aufstell-Maschinen 1946 beendete zwar Kegeljungen-Karrieren wie die von Karl May, trug aber doch auch zur Popularität eines Freizeitvergnügens bei, das typisch amerikanisch für die breite Masse geeignet war. Die Hochzeit des Bowlings brachte nicht nur Fernsehübertragungen, Bowlerverbände mit Millionen von Mitgliedern und die stilvollsten Bowlingbahnen überhaupt hervor, sondern etablierte das sportliche Spiel als festen Bestandteil der us-amerikanischen Kultur – weiterlebend in Kultfilmen der Coen-Brüder wie »The Big Lebowski«. Aber eben auch in zahlreichen audiovisuellen Verweisen von Zeichentrickserien wie The Flintstones und The Simpsons, in denen sich das Familienoberhaupt gegelmäßig mit seinen geliebten Bowlingkugeln ins Bowlerama zurückzieht.

Und wie ist es in der Alten Heimat des Kegelns, wo doch immerhin Kulturprägende wie Schiller und Goethe begeisterte Kugelschieber waren? Und es in jeder Ortschaft, die etwas auf sich hält, eine Bundeskegelbahn gibt? Diese übrigens heißen nicht so, weil die Regierung einst das Kegeln als angemessene körperliche Ertüchtigung fürs Volk vorsah, sondern stellt lediglich ein Qualitätssiegel dar, welches von lizensierten Sachverständigen des Deutschen Kegler- und Bowlingbundes nach bestimmten Kriterien vergeben werden. Dazu gehören nicht nur festgelegte Anforderungen an die Bahnen-Einrichtung, sondern auch die Ausstattung für den Turnierbetrieb: Unkleidekabinen und Duschen für den Bundesliga-Kegler. Schließlich soll zweistündiges, ruhiges Schieben der Kugeln immerhin bis zu 960 Kcal verbrauchen.

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