Wer erfand LSD

LSD und die intellektuelle Elite. LSD-25 als das unsichtbare Band zwischen Wissenschaft, Literatur und Kunst.

Nachdem der Chemiker Dr. Albert Hofmann 1943 die psychoaktive und halluzinogene Wirkung des LSD-25 entdeckt hatte, schrieb diese Substanz ihre mit nichts zu vergleichende Geschichte. Die Frage nach dem Sinn des Selbst und die Möglichkeit in ihm eine Antwort zu finden, haben diesem Wirkstoff die Macht verliehen Intellektuelle einer ganze Generation auf der Suche nach einer Metaphysik des Geistes zu begleiten. Nie blieb LSD der bloße Gegenstand klinischer Forschung. Wer mit dieser Substanz in Berührung kam, fand in ihr dunkles Mysterium oder Dionysos, Gott oder Teufel. LSD-25 führte Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler zu einem einzigartigen interdisziplinären Dialog zusammen und war das Fundament einiger Freundschaften, die selbst den Tod überdauerten.

Die ersten Versuche am Menschen wurden 1947 von Dr. med. Werner Stoll an der psychiatrischen Klinik der Universität Zürich durchgeführt. Im Anschluss an diese Studien gab Sandoz die Substanz zu Forschungszwecken an Wissenschaftler und Psychiater auf der ganzen Welt weiter. So gelangte LSD-25 an die Universität von Saskatchewan in Canada.

Pioniere der Psychedelika– Humphrey Osmond, Aldous Huxley und Timothy Leary

An der Universität von Saskatchewan leisteten Dr. Humphrey Osmond, Abram Hoffer und Dr. Duncan Blewett Pionierarbeit auf dem Gebiet der Erforschung des Wirkstoffs LSD-25 im Einsatz gegen Schizophrenie und Alkoholismus. Sie betrachteten die Substanz als eine nie da gewesene Chance für Psychiater und Psychotherapeuten, um mit ihr eine Modellpsychose und damit Bewusstseinszustände hervorzurufen, die sie den Geist Schizophrener und anderer psychisch kranker Menschen besser verstehen lassen würden. Dr. Humphrey Osmond war es auch, der das erste Mescalin-Experiment des Schriftstellers Aldous Huxley begleite und ihm damit buchstäblich die „Pforten der Wahrnehmung“ öffnete.

Dieses Erlebnis besiegelte ihre Freundschaft und so war es ein späterer Briefwechsel mit Huxley, in dem Osmond den Begriff „psychedelisch“ prägte. Ihre ersten Erfahrungen mit LSD veranlassten Laura und Aldous Huxley dazu einen kleinen, durchaus elitären Kreis aus Künstlern, Wissenschaftlern und Publizisten an den Wirkstoff heranzuführen. „Sorgsam und spärlich angewendet, kann LSD ein direkter Weg zum spirituellen Erwachen sein.“, erklärte Laura Huxley. Schon Jahre zuvor wendeten Aldous und Laura Huxley also instinktiv das einige Jahre später durch die Psychologen Dr. Timothy Leary, Dr. Richard Alpert und Dr. Ralf Metzner entwickelte Konzept von Drug, Set und Setting an, indem sie sowohl das Wissen über die Wirkung der Droge als auch die Persönlichkeit des Reisenden einbezogen und letztendlich eine warme und angenehme Atmosphäre schufen. Aldous Huxley war im Gegensatz zu Timothy Leary der Meinung, dass Psychedelika nur einem begrenzten Kreis, also einer intellektuellen und sich selbst reflektierenden Elite zugänglich sein sollte. Learys Ansatz hingegen spiegelt sich in Aussagen wie „Turn on, Tune in, Drop out!“ oder „Listen! Wake up! You are God!“. Sein Ansicht war, dass psychedelische Drogen so vielen Menschen wie möglich zugänglich gemacht werden sollten. Wenn Duncan Blewett sich Jahrzehnte danach an diese Kontroverse erinnert, lächelt er beim Gedanken an Leary nachsichtig und spricht von einem ungestümen Jugendlichen, der wie ein wilder Stier auf die Ärztekammer losgegangen sei.

Wie Huxley sah auch Albert Hofmann die Gefahren des LSD und so mündete die Besorgnis eines wahren Psychonauten in Haight-Ashbury, wo sein Lysergsäure-diäthylamid für ihn zum Sorgenkind wurde und wo die Suche nach Sinn und Glück der Suche nach Spaß gewichen ist. Aldous Huxley hatte Recht behalten.

Intellektuelle auf der Reise – Ernst Jünger, Michel Foucault und Ken Kensey

Michel Foucault, der radikale Philosoph der Frankfurter Schule hingegen war zeitlebens auf der Jagd nach neuer Identität, nach Erfahrungen. In Anlehnung an Nietzsche konnte für Foucault nur die große, die Grenzerfahrung, in der das Subjekt von sich selbst losgerissen wird, Identität schaffen. Er beschrieb die Grenzerfahrung – expérience limite – als einen bestimmten Punkt im Leben, der möglichst nah am Unlebbaren ist. Ein LSD-Trip, den er 1975 in Kalifornien erlebte, brachte Foucault an diesen einem Punkt, der „das Äußerste an Intensität und zugleich an Unmöglichkeit fordert.“

An diesen Punkt kam 1959 auch der Schriftsteller Ken Kesey, als er in einer psychiatrischen Abteilung arbeitete. Während er hier auf die Unmenschlichkeit psychiatrischer Behandlungskonzepte stieß, machte er zur gleichen Zeit erste Erfahrungen mit psychoaktiven Drogen. Sein mit Jack Nicholson verfilmter Roman „Einer flog über das Kuckucksnest“ ist das Ergebnis eines Zusammenwirkens dieser Eindrücke.

Ein praktischer Selbstversuch zum Vergleich der Substanzen LSD-25 und Psilocybin hingegen war es, der den Islamwissenschaftler Rudolf Gelpke und den Schriftsteller Ernst Jünger dazu veranlasste, den Alltag abzulegen und in lange Kaftane gekleidet gemeinsam mit ihrem Freund Albert Hofmann auf die Reise in den Weltraum der Seele zu gehen.

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