Wer erfand die Margarine

Einst aus tierischen Fetten als Butterersatz künstlich zusammengemischt, besteht sie heute (fast nur) aus wertvollen pflanzlichen Ölen. Sie war und ist eine kleine Perle. Eine kleine Geschichte der Margarine

Erfunden hat die Margarine ein Franzose, angeregt durch einen anderen Franzosen, der knapp bei Kasse war. Das hört sich nicht sehr spektakulär an. Auch ihre ursprüngliche Zusammensetzung lässt einem nicht gerade das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und doch schreibt sie Geschichte, die bis heute noch nicht zuende ist.

Not macht erfinderisch

Im Zuge der Industrialisierung werden Butter und Schmalz in Europa zur Mangelware und für die meisten unerschwinglich. Auch Kaiser Napoleon III. macht sich Gedanken darüber, wie er seine Soldaten mit energiespendendem Fett versorgen kann, ohne dass es allzu viel kostet. Und so schreibt er einen Wettbewerb aus für einen preiswerten und nahrhaften Butterersatzstoff.

1869 gelingt es dem französischem Chemiker Hypolite Mège-Mouriès aus einem Gemisch aus Rindertalg, Milch, Wasser und Lab eine haltbare und günstige „Kunstbutter“ herzustellen, die noch im selben Jahr patentiert wird.

Woher stammt der Name „Margarine“?

50 Jahre vor der Erfindung der Margarine beschreibt der Chemie-Professor Michel-Eugène Chevreul eine Fettsäure, die er aufgrund ihres Aussehens „acide margarique“ (= perlfarbene Säure / griechisch margaros = die Perlmuschel) nennt und auch in geschmolzenem Rindertalg vermutet. Da Rindertalg ein wesentlicher Rohstoff zur Herstellung der ersten Margarine ist, nennt Mège-Mouriès, ein Schüler Chevreuls, sein Kunstprodukt nach dieser Säure. Die Endung -ine stammt von dem französischen Wort glycérine. Und fertig ist die „Margarine“.

Margarine wird industriell hergestellt

Bereits 1871 entstehen in Oss die ersten niederländischen Margarinefabriken. Zwei dort ansässige Butterhändlerfamilien konkurrieren miteinander um die Wette. Beide fertigen industriell hergestellte Margarine in größerem Stil an und exportieren bald auch nach Deutschland, denn dort steigt die Nachfrage kontinuierlich. Die beiden Fabrikanten Simon van den Bergh und Anton Jurgens beschließen 1888 ihre Produktion auch auf Deutschland auszuweiten. Es entstehen die „Van den Berghschen Margarinewerke“ in Kleve und die „Holländischen Margarinewerke Jurgens & Prinzen GmbH“ in Goch.

1929 werden sie sich zur Margarine-Verkaufs-Union zusammenschließen, sich bald darauf mit der Lever Brothers zu Unilever vereinigen und so die bis dahin weltweit größte Firmenfusion eingehen.

Ein kaiserliches Margarine-Gesetz

Das erste deutsche Margarinewerk entsteht ebenfalls 1871 in Köln-Nippes, gegründet von dem Apotheker Benedict Klein. Da Margarine zunächst nicht im besten Ruf steht, wetteifern die Margarinehersteller darum, Margarine immer mehr zu verfeinern und der Butter ähnlich zu machen. Im Gegenzug wird die Butter manchmal mit Margarine gestreckt. Schließlich wird es Kaiser Wilhelm II. zu dumm und er erlässt 1897 ein Margarine-Gesetz. Der Margarine soll zukünftig Kartoffelstärke beigemengt werden, die in einer chemischen Analyse leicht nachzuweisen ist. Außerdem soll sich Margarine schon rein äußerlich von der Butter unterscheiden. Sie darf nur als quadratischer Würfel oder als abgestumpfter Kegel in einem Becher verkauft werden. Sie muss die Aufschrift Margarine tragen und mit einem roten Signalstreifen versehen sein.

Änderungen in der Zubereitung

Der deutsche Chemiker Wilhelm Normann entdeckt 1902, dass flüssige Öle durch Wasserstoff gehärtet werden können. Der Zusatz von tierischen Fetten wie Rinderfett, Schweineschmalz oder Walöl bei der Margarineherstellung kann nun verringert werden und reinen Pflanzenölen weichen, die man von überall aus der Welt beschaffen kann. Pflanzliche Öle werden aus Sojabohnen, Erdnüssen, Sonnenblumenkernen, Raps, Baumwollsaat und Mais gewonnen. Auch kleinere Mengen Kokosfett und Palmfett werden in Margarine verarbeitet, da sie schon von Natur aus eine feste Konsistenz besitzen.

Da man im Laufe der Jahre über immer modernere Analyseverfahren verfügt, wird 1985 auch die „Kartoffelstärken-Klausel“ gestrichen.

Margarine heute

Konventionell hergestellte Margarine ist immer noch ein künstlich hergestelltes Produkt, dem Zusatzstoffe wie Emulgatoren und Aromastoffe sowie fettlösliche Vitamine zugefügt werden dürfen, die bei der Härtung und Umesterung der Öle verloren gegangen sind. Geringe Mengen an tierischen Fetten sind ebenfalls erlaubt. Schonendere Verfahren bei der Herstellung von Margarine ermöglichen es, die wertvollen essenziellen Fettsäuren der Pflanzenöle zu erhalten. Speziell die Reformmargarine wird nach strengen Grundsätzen hergestellt. Sie ist kochsalzarm und frei von gehärteten Fetten.

Bis heute wird mit der Margarine experimentiert. Der Ruf, sie schmecke nicht so köstlich wie Butter oder sie sei nur ein billiger Ersatz, scheint ihr immer noch anzuhängen. Immer noch versucht man, sie im Geschmack der Butter anzugleichen. Auch gesund muss sie sein, aus reinen Pflanzenölen, cholesterinfrei, probiotisch oder „rein bio“. Auch der alte Streit, was gesünder sei – Butter oder Margarine – findet immer wieder neues Futter.

Dabei hat sie sich längst etabliert. Als Konkurrentin der Butter ist sie unschlagbar. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Facetten und für den unterschiedlichsten Gebrauch – und in (fast) jedem Haushalt.

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