Industriegeschichte: Dampfkraft, Eisenbahn, Auto

Die typischen Merkmale der Industrien des 19. und 20. Jahrhunderts. Im 19. Jahrhundert veränderte die Industrie die Welt nachhaltig, aber auch die industriealisierte Welt wurde durch Erdöl, Auto und Elektrizität weiter stark verändert.

Wer heute die technische Entwicklung der letzten 200 Jahre betrachtet sieht dabei meist die (Erste) Industrielle Revolution im 19. und die Computerisierung von Alltag und Technik im späten 20. Jahrhundert als herausragende Landmarken der Technikgeschichte. Der Siegeszug von (Digital-)Elektronik und Computer wird dabei gerne als die „Zweite Industrielle Revolution“ bezeichnet. Es ist zwar richtig, dass diese Technologien die Welt ebenso stark verändert haben, wie die Dampfkraft und die Eisenbahn, jedoch hat sich die Industrie auch in den gut 100 Jahren zwischen der Ersten und der Zeiten Industriellen Revolution einschneidend verändert, wenn auch nicht schlagartig.

Aufschwung der Industrie im 19. Jahrhundert

Man kann die Industrien des 19. und des 20. Jahrhunderts recht gut auf ihre Schlüsseltechnologien herunterbrechen. Ganz wichtig war für beide natürlich die Möglichkeit, Stahl in großen Mengen preisgünstig herzustellen, denn ohne Stahl geht in der Industrie auch heute noch praktisch gar nichts. Ermöglicht wurde das gewaltige Wachstum der Industrie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Erfindungen von Henry Bessemer und Sidney Thomas, die den Werkstoff Stahl in fast unbegrenzter Menge verfügbar machten.

Dadurch wurde es möglich, die Schlüsseltechnologien Eisenbahn und Dampfkraft im großen Stil zu nutzen. Mit Hilfe der Dampfmaschine konnten Fabriken auch dort betrieben werden, wo keine Wasserkraft zum Antrieb zur Verfügung stand. Mit Hilfe der Eisenbahn konnten sowohl Steinkohle als Energieträger und Rohstoffe für die Produktion zu den Produktionsstätten gebracht werden, als auch die Fertigprodukte von den Fabriken zu den Märkten.

Die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften wird entscheidend

Ausschlaggebend für die Fabrikstandorte wurde nun die Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Diese war jedoch vor allem in armen Gegenden gegeben, wo der Boden für die Landwirtschaft nicht viel hergab. Wo der Boden gut war, waren die Bauern wohlhabend und es wäre ihnen im Traum nicht eingefallen, in eine Fabrik zur Arbeit zu gehen. Wo aber der Boden schlecht war und die Bauern daher arm, nahm man dankbar die Möglichkeit an, in der neuen Fabrik etwas zu verdienen.

Oft war in solchen armen Gegenden auch bereits technisches Knowhow vorhanden, da sich die Bewohner mit irgendwelchen handwerklichen Produkten bereits vorher ein Zubrot verschafft hatten. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Schwarzwälder Uhrenindustrie: In dem Moment, in dem durch Dampfkraft und Eisenbahn Produktion und Absatz von Uhren im großen Stil möglich wurde, konnten die Schwarzwälder ihr traditionelles Knowhow nutzen und zu Wohlstand und Weltruhm gelangen.

Grundlage der Industrie des 19. Jahrhunderts war neben den Schlüsseltechnologien Stahlgewinnung, Dampfkraft und Eisenbahn auch die Steinkohle. Sie war nicht nur der Energieträger, der diese drei ermöglichte, sondern diente darüber hinaus als hauptsächlicher Rohstoff für die damalige chemische Industrie, vor allem auch für das Anilin, welches eine so große Rolle spielte, dass es in den Namen großer Chemieunternehmen auftrat.

Wandlung der Industrie im 20. Jahrhundert

So wie Steinkohle, Eisenbahn und Dampfkraft die Industrie des 19. Jahrhunderts charakterisieren, sind Erdöl, Auto und Elektrizität die typischen Merkmale der Industrie des 20. Jahrhunderts. Dieser Übergang kam jedoch nicht etwa schlagartig, mit dem Jahr 1900, sondern erfolgte fließend. Er begann bereits im späten 19. Jahrhundert und dauerte bis weit in das 20. an, ja er war in vielen Bereichen auch um 1950 noch nicht abgeschlossen.

Wenn der Übergang auch fließend erfolgte, lassen sich doch einzelne Technologien als typisch für das 20. Jahrhundert ansprechen, selbst wenn ein großer Teil von ihnen sein Wurzeln im 19. Jahrhundert hat. Ein Beispiel ist die Entdeckung des Elektrodynamischen Prinzips, welches Generatoren und Elektromotoren ermöglichte. Die ersten Generatoren gehen zurück bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Im späten 19. Jahrhundert ermöglichten sie die Erzeugung von elektrischem Strom in großen Mengen, so dass im 20. Jahrhundert das Elektrische Licht das Gaslicht verdrängte, der elektrische Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen die vorher üblichen Dampfmaschinen und Transmission ersetzte und viele Haushalts- und gewerbliche Geräte erst möglich wurden.

Erdöl und Auto

Auch das Erdöl und das Auto traten im 19. Jahrhundert auf den Plan. Im 20. Jahrhundert veränderten die beiden dann zusammen das Verkehrswesen: Das Auto benötigt das Erdöl sowohl als Ausgangsstoff für seine Kraftstoffe Benzin und Dieselöl als später auch für seine Reifen, denn die Mengen Naturgummi, die man heute für die vielen Autoreifen benötigen würde, wären sicherlich kaum zu beschaffen.

Aber das Erdöl bewirkt noch mehr: Wurden die ersten halb- oder vollsynthetischen Stoffe wie Zelluloid, (Hart-)Gummi, Galalith und Bakelit noch aus Kohle oder Naturprodukten hergestellt, ermöglichte das Erdöl ein Vielzahl von Kunststoffen, die etwa ab der Mitte des 20. Jahrhunderts andere Werkstoffe wie Blech, Holz, Fischbein und dergleichen aus vielen Bereichen verdrängten.

Weitere wichtige Erfindungen wurden im frühen 20. Jahrhundert gemachte: Auch der Motorflug und die drahtlose Nachrichtenübertagung veränderten unsere Welt stark. Wenn die Übergänge auch fließend waren, so kann man doch die beiden Industrietypen des 19. und 20. Jahrhunderts recht deutlich voneinander unterscheiden, auch wenn sie sich über einen langen Zeitraum verzahnen und einzelne Technologien der Industrie des 19. Jahrhunderts auch heute noch Bedeutung haben, wie etwa die Gewinnung von Energie aus Kohle mittels Dampf.

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